Deutsche Redewendungen
Viele deutsche Redewendungen haben sich im Laufe der Zeit aus verschiedenen historischen, kulturellen oder alltäglichen Ereignissen und Gegebenheiten entwickelt. Einige dieser Ausdrücke können sogar mysteriös oder humorvoll wirken, wenn man ihre Ursprünge kennt. Im Folgenden beleuchten wir einige bekannte Redewendungen und deren Herkunft.
1. „Nicht alle Tassen im Schrank haben“
Diese Redewendung wird verwendet, um auszudrücken, dass jemand geistig verwirrt oder verrückt ist. Es gibt mehrere Theorien über die Herkunft dieser Redewendung, doch eine der bekanntesten Erklärungen ist, dass sie aus der Welt der Porzellanfabrikanten stammt. In früheren Zeiten wurde in der Fertigung von Porzellan besonders auf die Anzahl und Qualität der Tassen geachtet. Wenn bei einem Set eine Tasse fehlte oder beschädigt war, galt das Set als unvollständig oder defekt. Übertragen auf eine Person bedeutet es also, dass ihr „Set“ nicht vollständig ist oder sie „defekte“ Gedanken haben.
2. „Den Nagel auf den Kopf treffen“
Diese Redewendung bedeutet, genau das Richtige zu sagen oder zu tun. Ihre Herkunft stammt aus dem Handwerk, genauer gesagt vom Schmieden oder Hämmern eines Nagels. Wenn man mit dem Hammer den Nagel auf den Kopf trifft, wird er effektiv und ohne Umwege in das Holz oder Material eingeschlagen. Diese präzise Bewegung wird als Metapher für das treffende Argument oder die richtige Entscheidung verwendet.
3. „Jemandem einen Bären aufbinden“
Diese Redewendung bedeutet, jemandem eine Lüge zu erzählen oder ihn hinters Licht zu führen. Die Herkunft dieser Redewendung geht auf das Mittelalter zurück, als in Zirkussen und Jahrmärkten Bären gezähmt und als Attraktion verwendet wurden. Manchmal soll es auch vorkommen, dass die Zirkusdirektoren den Zuschauern Geschichten von besonders großen und gefährlichen Bären erzählten, die in Wirklichkeit erfunden waren – so wurde der Bär metaphorisch „aufgebunden“.
4. „Das ist nicht das Gelbe vom Ei“
Diese Redewendung wird genutzt, um etwas als nicht besonders gut oder noch nicht ausgereift zu bezeichnen. Die Ursprungsgeschichte dieser Redewendung ist unklar, jedoch könnte sie mit der Farbe des Eies zusammenhängen. Der Ausdruck könnte sich darauf beziehen, dass das „Gelbe“ (das Eigelb) das Wertvollste im Ei ist, und alles, was weniger wertvoll oder nicht ganz ausgereift erscheint, als „nicht das Gelbe vom Ei“ bezeichnet wird.
5. „Mit dem Kopf durch die Wand“
Diese Redewendung wird verwendet, wenn jemand stur oder mit Nachdruck versucht, ein Ziel zu erreichen, ohne Rücksicht auf Hindernisse. Die Herkunft dieser Redewendung könnte mit der Vorstellung zusammenhängen, dass jemand so entschlossen ist, dass er buchstäblich mit dem Kopf eine Wand durchbrechen würde – ein Bild, das die Kraft von Entschlossenheit und Unvernunft verdeutlicht.
6. „Etwas auf die hohe Kante legen“
Diese Redewendung bedeutet, Geld oder Dinge zu sparen. Die Herkunft dieser Redewendung geht auf die Zeit zurück, als Menschen ihr Geld in Kisten oder Schränken aufbewahrten, wobei die „hohe Kante“ die obere Ablage oder der obere Rand des Schrankes war. Dort war das Geld sicher, vor Dieben geschützt und sozusagen „aufbewahrt“.
7. „In den sauren Apfel beißen“
Diese Redewendung bedeutet, eine unangenehme oder schwierige Aufgabe zu akzeptieren und zu erledigen, auch wenn sie unangenehm ist. Der Ursprung dieser Redewendung liegt in der mittelalterlichen Praxis, dass Äpfel aus der Ernte nach einer bestimmten Zeit sauer wurden. In dieser Zeit wurden diese Äpfel trotzdem gegessen, da sie noch immer einen Wert hatten. Jemand, der „in den sauren Apfel beißt“, stellt sich einer unangenehmen, aber notwendigen Situation.
8. „Tomaten auf den Augen haben“
Wenn jemand „Tomaten auf den Augen hat“, bedeutet dies, dass er etwas Offensichtliches nicht sieht. Der Ursprung dieser Redewendung geht vermutlich auf eine Zeit zurück, als Tomaten in Europa neu eingeführt wurden und daher mit einer gewissen Unkenntnis oder Verwunderung verbunden waren. Sie waren eine exotische Frucht, die viele Menschen als ungewohnt oder unverständlich betrachteten. Jemand, der „Tomaten auf den Augen hat“, wird daher als jemand gesehen, der etwas Offensichtliches nicht wahrnimmt oder versteht.
Fazit
Redewendungen sind nicht nur sprachliche Kunstwerke, sondern spiegeln oft die Geschichte und den Alltag der Menschen wider. Viele dieser Ausdrücke basieren auf Handwerkskunst, historischen Ereignissen oder der Beobachtung der Welt. Das Wissen um ihre Herkunft kann den Ausdruck oft noch lebendiger und bedeutungsvoller machen.