Lemminge

Lemminge – faszinierende Überlebenskünstler der Arktis

Lemminge gehören zu den wohl am meisten missverstandenen Tieren der nördlichen Hemisphäre. Die kleinen Nager, die zur Familie der Wühlmäuse zählen, leben vor allem in der Tundra Skandinaviens, Russlands, Kanadas und Alaskas. Ihre Bedeutung im ökologischen Gleichgewicht dieser Regionen ist enorm – und dennoch sind sie vor allem durch einen hartnäckigen Mythos bekannt geworden.


Was Lemminge wirklich sind

Lemminge sind kleine Säugetiere, meist 12 bis 15 Zentimeter lang, mit rundlichem Körper, kurzem Schwanz und dichtem, wärmendem Fell. Sie ernähren sich hauptsächlich von Moosen, Gräsern, Flechten und Wurzeln – Pflanzen, die auch in der kargen Tundra zahlreich vorkommen. Je nach Art und Jahreszeit können sie ihr Verhalten stark anpassen, um mit extremen Lebensbedingungen zurechtzukommen.

Merkmal Details
Körperlänge 12–15 cm
Lebensraum Arktische Tundra in Europa, Asien und Nordamerika
Ernährung Moose, Gräser, Wurzeln, Flechten
Lebensweise Bodenbewohner, graben komplexe Tunnel- und Nestsysteme
Fortpflanzung Mehrere Würfe pro Jahr mit 6–8 Jungen, explosionsartige Vermehrung möglich
Feinde Eulen, Füchse, Polarfüchse, Greifvögel

Der Mythos vom kollektiven Selbstmord

Kaum ein Tier wurde durch ein Missverständnis so sehr zum Symbol für blinden Herdentrieb wie der Lemming. Der Mythos, dass sich Lemminge regelmäßig massenweise in den Tod stürzen, wurde insbesondere durch eine falsche Darstellung in einem Disney-Dokumentarfilm aus den 1950er-Jahren populär. Tatsächlich handelt es sich bei den beobachteten „Massenwanderungen“ um natürliche Wanderbewegungen, die bei starkem Populationswachstum einsetzen, wenn der Lebensraum knapp wird.

In seltenen Fällen kann es dabei vorkommen, dass Lemminge beim Überqueren von Flüssen oder Seen ertrinken – nicht aus Selbstmordabsicht, sondern weil sie die Entfernung falsch einschätzen. Dieses Verhalten ist ein Überlebensmechanismus, um neue Lebensräume zu erschließen.


Ihre Bedeutung im Ökosystem

Lemminge sind ein zentraler Bestandteil der arktischen Nahrungskette. Ihre stark schwankenden Populationen beeinflussen direkt die Bestände ihrer Fressfeinde. In Jahren mit vielen Lemmingen profitieren vor allem Schnee-Eulen, Polarfüchse und Hermeline, deren Reproduktion eng mit der Verfügbarkeit dieser Nager zusammenhängt.

Darüber hinaus lockern Lemminge mit ihren Grabtunneln den gefrorenen Boden auf, was wiederum das Pflanzenwachstum unterstützt – ein unsichtbarer, aber entscheidender Beitrag für die Tundra-Vegetation.


Bedrohungen und Schutz

Obwohl Lemminge in manchen Jahren in großer Zahl auftreten, sind sie durch den Klimawandel zunehmend bedroht. Der Rückgang von dauerhaftem Schnee, veränderte Niederschlagsmuster und die Erwärmung des Permafrostbodens stören ihren Lebenszyklus erheblich. Ihre Anpassung an extreme Bedingungen ist zwar beeindruckend – doch die Geschwindigkeit der klimatischen Veränderungen stellt selbst sie vor große Herausforderungen.


Fazit

Lemminge sind keine dummen Selbstmörder, sondern überlebensfähige Spezialisten eines extremen Lebensraums. Ihre Rolle im Ökosystem ist bedeutend und ihre Lebensweise überraschend komplex. Wer sie nur auf den bekannten Mythos reduziert, tut diesen kleinen Tieren Unrecht. Es lohnt sich, den Lemming mit einem neuen Blick zu betrachten – als Schlüsselart der Tundra und Symbol für die Anpassungsfähigkeit der Natur.

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